Rennbericht Ironman WM 2019 Hawaii Gustav Förster

Hawaii 2019

Im Vorfeld lief eigentlich alles perfekt. Die Anreise war weniger stressig als befürchtet und nach drei bis vier Tagen auf der Insel hatten wir uns ganz gut aklimatisiert, so dass es noch für zwei Ausfahrten mit dem Rad und eine Laufeinheit gereicht hat. Ab Mittwoch ist dann eigentlich nur noch Erholung und Kraft tanken angesagt.

In der Nacht vor dem Wettkampf konnte ich relativ gut schlafen und morgens auch nochmal zur Toilette, während des Wettkampfes kommt es es eher ungelegen. Die Schwimmbedingungen waren o.k., die Wellen nicht höher als an den Vortagen. Gleichwohl komme ich da nun schon eine ganze Weile nicht mehr richtig in die Gänge, eigentlich seit meiner Schulterverletzung vor 5 Jahren. Ich hatte im Vorfeld überlegt, ob ich vielleicht noch ein paar Schwimmstunden nehmen sollte, aber 500 Euro waren mir zu viel und weniger als 10 Stunden würden aus Sicht der Schwimmlehrerin kleinen Sinn machen. Letztlich hab ich das Angebot mit den Worten, an 5 Minuten wird es in Kona nicht scheitern, ausgeschlagen, wie sehr man sich doch irren kann. 1:24 sind keine Katastrophe, aber es ist schon ein wenig frustrierend, wenn ein Brustschwimmer die ganze Zeit auf gleicher Höhe bleibt. Ich bin dann mal spaßeshalber kurz in seinen Wasserschatten gegangen und das ist nochmal ganz anders, als hinter einem Krauler. Es ist wie ein Sog, quasi wie Huckepack Schwimmen. Es war so extrem, dass ich dachte, er habe das Schwimmen komplett eingestellt, denn ich musste fast nichts mehr machen. Wäre ich ihm die ganze Zeit gefolgt, es wäre mit Abstand mein leichtestes Schwimmen ever gewesen, aber irgendwie wäre mir das ein wenig schäbig vorgekommen. Beim Wechsel habe ich einen halben Liter getrunken, ansonsten alles problemlos. Auf dem Rad war es dann anfangs etwas befremdlich, so als ob ich ein falsches und zwar deutlich zu kleines Rad erwischt hätte, was ich mir zunächst nicht erklären konnte. Also erst einmal Oberlenker fahren und abwarten ob sich das gibt. Des Rätsels Lösung, beim Schwimmen war ich praktisch immer im Hohlkreuz, am Auflieger muss ich aber einen Katzenbuckel machen und das geht dann erst einmal nicht. In Klagenfurt hatte ich das Problem nicht, warum jetzt hier, keine Ahnung. Nach 15 Minuten hat dann wieder alles gepasst uns es ging flott Richtung Hawi. Heftiger Gegenwind dann zum ersten mal ab Kilometer 40, also etwa auf halbem Weg nach Hawi, dem Wendepunkt der Radstrecke. Nach ca. 2 Stunden dann plötzlich ein Krampf im linken Oberschenkel. Ein Krampf nach 2 Stunden, da war ich dann doch etwas geschockt. Ein Blick auf meine Arme verriet nichts Gutes, sie waren komplett trocken. Hatte ich tatsächlich schon wieder zu wenig getrunken? Ab da hab ich gesoffen wie ein Loch, vermutlich aber etwas zu spät. Richtig heftiger Gegenwind dann 15 Kilometer vor Hawi und da geht es dann auch noch beständig bergauf.

In Hawi hatte ich eine Flasche mit hochwertigen Zutaten deponiert, wollte mich aber erst einmal auf Gatorade konzentrieren, das kann man sich am leichtesten reinschütten. Da die Fahrradflasche bereits besetzt war,  hab ich fortan bei jeder Verpflegungsstelle angehalten, um mir das Gatorade in den Lenkerbehälter zu füllen, denn die  Flaschen waren verschraubt und mit einer Hand nicht zu öffnen. Auf die Idee, meine Maltrodextrose in die Lenkerflasche zu kippen und das Gatorade einfach in den Halter zu stecken, bin ich leider nicht gekommen, nicht wirklich clever. So habe ich auf der Radstrecke unnötig Zeit verloren, aber da wusste ich ja noch nicht, wie knapp es am Ende sein würde. Ganz erholt haben sich meine Beine nicht mehr, auf dem letzten Drittel konnte ich keinen Druck mehr machen und auch nicht mehr im Wiegetritt fahren, sofort meldeten sich Krämpfe in beiden Oberschenkeln und das erklärt dann auch die bescheidene Radzeit.

Beim Marathon lief es gar nicht so schlecht und Eva meinte, es seien 4 vor mir. Eigentlich waren es 5, denn einer war über das sogenannte „Ironman Legacy Programm“ ins Starterfeld gekommen. Dazu muss man eine gewisse Anzahl von Ironman bestritten haben und kommt dann in ein Losverfahren. Er oder sie startet dann mit der letzten Welle, in diesem Fall 20 Minuten nach mir. Die Zeit wird zwar aufgelistet, aber man kommt nicht in die Wertung für die Meisterschaft. Deshalb tauchte er auch nicht im Liveticker auf, lang nach dem Rad gleichwohl ein gutes Stück vor mir. Da ich ein immer noch guter Läufer bin, schien mir noch alles möglich. Dass ich dann aber nur noch zwei überholen konnte, hatte ich nicht erwartet. Den Drittplatzierten habe ich etwa 4 Kilometer vor dem Ziel ein- und überholt. Offensichtlich wusste er, dass ich ein AK-Konkurrent bin und er folgte mir wie ein Schatten. Ich hab noch 3 mal das Tempo angezogen, mit der Folge, das sich Krämpfe sowohl in den Waden als auch im Oberschenkel ankündigen. Also musste ich wieder drosseln und er war wieder dran. Die Palani runter habe ich es nochmal voll laufen lassen – er blieb dran. Als er dann zwei- oder dreihundert Meter weiter seinen Sprint ansetzte, konnte ich einfach nicht folgen. Offensichtlich wusste er frühzeitig, dass ich von hinten kommen würde und hat sich für das Finale noch ein paar Körner aufgehoben, während ich schon die ganze Zeit am Anschlag war. Einen Tag später bei der Siegerehrung hat er mir dann gesagt, dass er sich selbst nicht erklären kann, wie er das gemacht hat. Jedenfalls dachte er, es würden nur die ersten 3 gewürdigt und die Angst 4. zu werden hat ihm wohl irgendwie Flügel verliehen.  Er sei noch nie in seinem Leben so schnell gelaufen und überhaupt schien mir, die 3 vor mir sind allesamt über sich selbst hinausgewachsen und so sehr ich mich auch mühte, ich kam nicht mehr vorbei. Wäre es noch etwas länger gegangen, hätte vermutlich der Gewinner Probleme bekommen, denn der war, den Sieg vor Augen, im Ziel komplett am Ende, aber das war ich nach dem Sprintduell auf einer Langdistanz dann selbst auch.

Nun mag man sagen, ein 4. Platz bei der WM ist doch super, aber 4. und 5. war ich schon mal und diesmal standen die Zeichen gut, dass es ganz nach vorne reichen könnte und wenn dann die Abstände so knapp sind, ist es schon ein wenig bitter.

Natürlich habe ich das Rennen nicht auf der Laufstrecke verloren und im Nachhinein frage ich mich, was hätte ich anders oder besser machen können? Mir nochmal ein neues Rad zulegen, ich bin ja immer noch mit meinem 20 Jahre alten Softride auf 26″ Rädern unterwegs und werde darob allseits bestaunt. Die Möglichkeit wäre da gewesen, ich hätte einen Toprahmen umsonst bekommen können, ein Hersteller wollte auf diese Weise seine Quote in Kona anheben und Laufräder hätte ich mir ausleihen können. Aber nachdem mich das Softride so viele Jahre treu begleitet hat, wollte ich zum Schluss nicht mehr „fremd gehen“. Immerhin habe ich mir noch eine keramikbeschichtete Kette gegönnt, angeblich soll das 5 Watt bringen und hochgerechnet wären das sicher 5 Minuten.

Ich hätte früher mehr trinken müssen und nicht auch noch den Fehler mit dem ständigen Anhalten machen dürfen, aber das zählt genauso zum Wettkampf wie der Rest und wenn man da Fehler macht …

Es hat halt nicht sollen sein. Die Bedingungen beim Laufen waren übrigens recht moderat, eine Schicht Schleierwolken hat die ärgste Sonneneinstrahlung verhindert und gegen Abend war es dann gut auszuhalten, vielleicht auch kein Vorteil für mich.

Es war mein letzter Wettkampf und auch wenn es nicht ganz der krönende Abschluss war, darf ich doch voller Dankbarkeit auf viele Jahre erfolgreiches Triathlon zurückblicken. Herzlichen Dank bei allen, die mir die Daumen gedrückt und sich vielleicht sogar am Liveticker die Nacht um die Ohren geschlagen haben. Jetzt freue ich mich auf neue Aktivitäten, für die Triathlon auf Topniveau bislang leider keine Zeit gelassen hat. Ein E-Bike steht schon in der Garage, damit der Aktionsradius auch mit künftig weniger trainierten Muskeln einigermaßen erhalten bleibt.

Lieber Gustav herzlichen Glückwunsch zu dieser tollen Leistung  (RTT-Passail)